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Foto vom Sonnenaufgang

Auf dieser Seite erwartet Sie die aufgehende Sonne im Jahresverlauf.

InhaltsverzeichnisZum Seiteninhalt

www.wissenstexte.de > Physik-Wissen > Erde und Atmosphäre > Polartag

Tageslänge und Jahreszeiten

Die Stellung der Erdachse und die Tageslänge

Die Drehachse der Erde steht nicht genau senkrecht auf der Ebene, durch die die Bahn der Erde um die Sonne läuft (Ekliptik genannt), sondern ist um etwa 23.5° gegen diese Senkrechte geneigt. Die Neigung bleibt während der Wanderung der Erde um die Sonne konstant und sie bewirkt sowohl die Jahreszeiten wie auch die unterschiedlichen Tageslängen bei verschiedenen geografischen Breiten. Das nördliche Ende der Erdachse ist dadurch nämlich mal zur Sonne hin, mal von ihr weg geneigt. Zweimal während des Erdumlaufs um die Sonne ist die Erdachse seitlich zur Sonne geneigt, und zwar zu den beiden Tagundnachtgleichen.
Es liegt natürlich immer die der Sonne zugewandte Halbkugel der Erde im Sonnenlicht – aber die Grenzfläche zwischen Tag- und Nachthalbkugel ist nur zu den Tagundnachtgleichen parallel zur Erdachse. An diesen beiden Tagen im Jahr sind daher Tag und Nacht gleich lang – und zwar auf der ganzen Erdkugel.
Steht die Erdachse in einem Winkel zu dieser Grenzfläche, gibt es an den Polen Gebiete, die während der Erddrehung nie aus dem Sonnenlicht heraustreten (Nordsommer/Südsommer) beziehungsweise nie ins Sonnenlicht hineintreten (Nordwinter/Südwinter). Das sieht man in Abbildung 1 deutlicher.

Abb. 1 ¦ Stellung der Erdachse   Grafik: Stellung der Erdachse waehrend des Umlaufs der Erde um die Sonne.
Bildunterschrift Die Stellung der Erdachse bleibt während eines Umlaufs der Erde um die Sonne im Raum konstant. Bezogen auf die Sonne ändert sich die Stellung der Erdachse daher. Zu den Tagundnachtgleichen steht die Erdachse parallel zu der Grenzfläche zwischen Tag- und Nachtseite. Zu allen anderen Zeiten bilden diese Grenzfläche und die Erdachse einen Winkel – und es gibt Gebiete an den Polen, in denen es nie Tag bzw. nie Nacht wird.

Großansicht der AbbildungBildunterschrift Ende

Verfolgt man (für die Nordhalbkugel) die Wanderung der Erde um die Sonne beginnend bei der Frühlings-Tagundnachtgleiche, stellt man fest, dass der Nordpol sich allmählich zur Sonne hin neigt. Hier geht nun nach einer sechs Monate dauernden Nacht erstmals die Sonne auf – und nicht wieder unter, da der Polbereich von nun an dauernd auf der erleuchteten Halbkugel liegt. Am Äquator hat sich nichts geändert – hier sind Tag und Nacht immer noch gleich lang (dies bleibt auch im gesamten Jahresverlauf so).
Mit zunehmender Neigung des Nordpols zur Sonne hin wird der Bereich, in dem die Sonne nicht mehr untergeht, der also dauerhaft auf der Tagseite der Erde liegt, immer größer, dehnt sich immer weiter nach Süden aus. Gleichzeitig werden die Tage auf der Nordhalbkugel dort, wo die Sonne noch untergeht, länger. Zu Mittsommer ist die größte Ausdehnung des Gebietes, in dem die Sonne nicht mehr untergeht, erreicht – es reicht jetzt bis zum Polarkreis. Hier gibt es im Jahresverlauf genau einen Tag, an dem die Sonne nicht untergeht, am Pol ist es ein halbes Jahr lang hell. Dieser eine Tag ohne Sonnenuntergang am Polarkreis (Mittsommer) ist auf der gesamten Nordhalbkugel der längste Tag.
Mit der weiteren Wanderung der Erde nimmt die Neigung des Nordpols zur Sonne wieder ab – die Tage werden kürzer, das Gebiet, in dem die Sonne nicht untergeht, schrumpft wieder Richtung Pol. Zur Herbst-Tagundnachtgleiche schließlich sind Tag und Nacht wieder gleich lang. Danach neigt der Nordpol sich von der Sonne weg – nun geht hier die Sonne das erste Mal nach dem halbjährigen Polartag unter, die Polarnacht beginnt. Sie wird ein halbes Jahr dauern, bis die Sonne am Nordpol wieder aufgeht.
Mit zunehmender Neigung des Nordpols von der Sonne weg dehnt sich das Gebiet ohne Sonnenaufgang südwärts, bis es zu Mittwinter den Polarkreis erreicht. Dieser Tag ist auf der gesamten Nordhalbkugel der kürzeste im Jahr. Dann nimmt die Neigung des Nordpols von der Sonne weg wieder ab, die Tage werden länger und das Gebiet ohne Sonnenaufgang zieht sich mehr und mehr an den Pol zurück.

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Tageslänge zur Sonnenwende und zur Tagundnachtgleiche

Zur Tagundnachtgleiche steht die Erdachse parallel zu der Grenzfläche, die die Tag- von der Nachthalbkugel trennt. Nicht nur am Äquator, sondern auf allen Breitenkreisen dauern Tag und Nacht an diesem Tag gleich lang – die „Taghälfte“ und die „Nachthälfte“ der Breitenkreise sind gleich lang. Am Äquator fällt die Sonnenstrahlung senkrecht auf die Erdoberfläche.

Zu Mittsommer hat die Erdachse im Norden ihre maximale Neigung zur Sonne hin. Nördlich des Polarkreises geht die Sonne nicht mehr unter, nördlich des Äquators sind die im Licht liegenden Teile aller Breitenkreise länger als die im Dunkeln Liegenden – was bedeutet, dass die Tage länger sind als die Nächte. Senkrechten Einfall der Sonnenstrahlen gibt es nun nicht am Äquator, sondern am nördlichen Wendekreis.

Abb. 2 ¦ Tageslängen   Grafik: Tageslaengen zur Tagundnachtgleiche und zur Sonnenwende
BildunterschriftLinks: Tageslänge zur Tagundnachtgleiche; rechts: Tageslänge zu Mittsommer auf der Nordhalbkugel

Großansicht der AbbildungBildunterschrift Ende

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Sonnenaufgänge im Jahresverlauf

Das führt dazu, dass die Sonne im Sommer bei uns nicht nur früher, sondern auch weiter nördlich aufgeht als im Winter. Ich habe ein Jahr lang die Positionen der Sonnenaufgänge monatlich (mehr oder weniger) fotografiert und zu einem Panoramabild zusammengesetzt. Einige Male habe ich eine Abfolge des Sonnenstandes während der ersten Minuten des Tages aufgenommen (in Abbildung 3 für April, Juni und September zu sehen). Die Uhrzeiten bei den „Sonnen“ geben die Zeit an, zu der die jeweilige Sonne fotografiert wurde, die Zeit unter dem Datum die Zeit des tatsächlichen Sonnenaufganges. Erstere sind die Zeiten, die die Kamera zu den Bildern speichert. Man dürfte hier mit Sicherheit keine Angabe auf die Sekunde genau machen – ich habe das nur gemacht, um die Zeitdifferenz zwischen der ersten und der letzten Sonne anzugeben. Die Zeit des tatsächlichen Sonnenaufgangs entstammt den Berechnungen, die die Wetterstation meines Mannes aufgrund von Längen- und Breitengraden Mönchhagens macht. Die unterschiedlichen Zeitangaben sind daher sicher nicht hundertprozentig vergleichbar, sondern sollen nur einer Orientierung dienen.
Man erkennt, dass sich der Ort des Sonnenaufgangs zur Sonnenwende deutlich langsamer ändert als zur Zeit der Tagundnachtgleiche.

Abb. 3 ¦ Sonnenaufgänge   Fotomontage: Positionen der Sonnenaufgaenge von Juni bis Dezember
Bildunterschrift Die hier angegebenen Uhrzeiten sind Winterzeit, also MEZ. Da vom 29. März bis zum 25. Oktober 2009 Sommerzeit (MESZ) war (und dies in den nächsten Jahren ähnlich sein dürfte), muss in diesem Zeitraum zu der angegebenen Zeit eine Stunde addiert werden, wenn man wissen will, wann man für einen Sonnenaufgang aufstehen muss.
Die Sonne von September steht ziemlich genau im Osten, rechts davon ist Süden, links davon Norden. Die Positionen von Juli und August habe ich der Übersichtlichkeit wegen weggelassen.

Sonnenaufgangszeiten
DatumUhrzeit (MEZ)Sommerzeit
19. März 20096 Uhr 11 Minuten
24. April 20094 Uhr 49 Minuten5 Uhr 49 Minuten
12. Mai4 Uhr 8 Minuten5 Uhr 8 Minuten
15. Juni3 Uhr 34 Minuten4 Uhr 34 Minuten
16. September5 Uhr 44 Minuten6 Uhr 44 Minuten
20. Oktober6 Uhr 47 Minuten
15. November7 Uhr 40 Minuten
16. Dezember8 Uhr 23 Minuten


Großansicht der AbbildungBildunterschrift Ende

Eine praktische Anwendung des Ganzen stellen die Sonnenuhren dar.

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Einfallswinkel der Sonnenstrahlung und die Jahreszeiten

Stünde die Erdachse im rechten Winkel zur Ekliptik, würde die Sonnenstrahlung während des ganzen Jahres am Äquator senkrecht einfallen. Der Bereich um den Äquator würde deshalb ständig am stärksten erwärmt. Das kommt daher, dass sich bei hohem Sonnenstand und steilem Strahleneinfall die einfallende Sonnenstrahlung auf eine geringere Fläche verteilt als bei tiefem Sonnenstand und entsprechend flachem Strahlungseinfall. Muss sich die einfallende Wärme auf eine größere Fläche verteilen, bleibt für ein einzelnes Flächenelement weniger Wärme übrig – es ist kälter.
Im Bild ist dargestellt, wie sich zwei Strahlausschnitte mit demselben Durchmesser (senkrechte schwarze Striche) am Äquator auf ein kleineres Flächenelement verteilen als am Pol (rote Linien). Deshalb ist die Intensität der Sonnenstrahlung und damit die Erwärmung durch die Sonneneinstrahlung am Äquator viel höher als in hohen Breiten (siehe hierzu auch Atmosphärische Zirkulation).

Abb. 4 ¦ Sonneneinstrahlung   Grafik: Unterschiedliche Verteilung der Sonnenstrahlen bei senkrechtem und schraegem Einfall
Bildunterschrift Bei senkrecht im Strahlenbündel stehender Erdoberfläche (Äquator) verteilt sich die Strahlung auf eine kleinere Fläche als bei schräg stehender (Pol).Bildunterschrift Ende

Deshalb ist es am Nordpol auch während des Polartages kälter als am Äquator, obwohl der Pol dann monatelang ununterbrochen Sonnenlicht erhält, äquatornahe Gebiete aber nur 12 Stunden täglich im Sonnenlicht liegen.
Bei senkrechter Erdachse gäbe es keine Jahreszeiten, weil jahraus, jahrein dieselben Verhältnisse herrschten. Da die Erdachse aber geneigt ist, wandert die am stärksten erwärmte Zone (diejenige mit senkrechtem Strahleneinfall) im Jahresverlauf vom Äquator weg, im Nordsommer etwas weiter nach Norden beziehungsweise im Nordwinter nach Süden, nämlich bis zum Wendekreis, der jeweils zu Mittsommer bzw. Mittwinter erreicht wird.
Weil die Erdachse ihre Neigung während der Wanderung der Erde um die Sonne beibehält, ist mal die Nordhalbkugel, mal die Südhalbkugel der Sonne zugewandt und entsprechend mehr Einstrahlung ausgesetzt. Südsommer und Nordsommer wechseln sich ab.

Die unterschiedliche Strahlungsintensität im Jahres- und im Tagesverlauf sieht man in Abbildung 5 und 6 – die höchsten Werte betragen etwa zehnmal so viel wie die tiefsten.

Abb. 5 ¦ Strahlungsintensität im Jahresverlauf   Grafik: Aenderungen in der Strahlungsintensitaet im Jahresverlauf
Bildunterschrift Dargestellt sind 15-Minuten-Werte, aufgezeichnet mit der Wetterstation meines Mannes (Ort der Aufzeichnung: Mönchhagen bei Rostock, geografische Breite 54°). Die balkenartige Struktur kommt zustande, weil nachts keine Einstrahlung mehr gemessen wird, so dass es für jeden Tag eine Kurve gibt, die im hier verwendeten Maßstab wie schmale Balken aussehen. Die Balken bilden keine glatte Kurve, weil natürlich auch die Bewölkung Einfluss auf die am Boden ankommende Strahlung hat.Bildunterschrift Ende
Abb. 6 ¦ Strahlungsintensität im Tagesverlauf   Grafik: Aenderungen in der Strahlungsintensitaet im Tagesverlauf für den längsten und den kürzesten Tag.
Bildunterschrift Hier ist die Strahlungsintensität im Tagesverlauf dargestellt, und zwar für Mittwinter – also den kürzesten – und für Mittsommer – also den längsten Tag. (Die Zeitumstellung ist berücksichtigt, das heißt beide Kurven sind in Winterzeit dargestellt; 12:00 am Mittsommertag in der Grafik ist also 13:00 nach Sommerzeit.) Man erkennt den Unterschied in der Tageslänge, da nachts keine Strahlung gemessen wird.
Tatsächliche Zeiten: Mittwinter – Sonnenaufgang: 8:26 Uhr, Sonnenuntergang: 15:52 Uhr (Tageslänge 7 h 26 min); Mittsommer – Sonnenaufgang 03:35 Uhr (04:35 Uhr Sommerzeit), Sonnenuntergang: 20:50 Uhr (21:50 Uhr Sommerzeit); das entspricht einer Tageslänge von 17 h 15 min. (Ort der Aufzeichnung: Mönchhagen bei Rostock, geografische Breite 54°)
Am Vormittag des Mittsommertages sind offenbar Wolken durchgezogen, wie man am unruhigen Verlauf der Kurve sieht.Bildunterschrift ende

Der 4380-Stunden-Tag

Michaela, die Assistentin für alles Philosophische und Psychologische, Yoga und Wellness. Chronisch unfrisiert liebt sie alles Chaotische, Kreative und möchte deshalb natürlich Leben im Universum haben.
Luzie, die Assistentin aus dem Untergeschoss, zuständig für alles Brennbare und Explosive, ist der Untergang aller Ordnung und Symmetrie und der Ruin der Nerven ihrer Kolleginnen.
Laplacie, der Laplacesche Dämon, der als fleißiger HiWi immer für Ordnung sorgt und für den nur die Quantenmechanik schlimmer ist als das Aufeinandertreffen aller drei Kolleginnen.
Gott, der Chef, der mit unerschütterlicher Ruhe die Kolleginnen und ihre Arbeiten dahin lenkt, wo er sie hinhaben will, zu einer funktionierenden Physik und irgendwann der Entstehung von Bakterien, Quallen, Nashörnern und anderen Lebewesen.
Gabriela, die Assistentin für Naturwissenschaften. Stets exakt frisiert hält sie hochsymmetrische Zustände für den Inbegriff von Schönheit und steht der Idee, Leben und das damit verbundene Chaos im Universum entstehen zu lassen, mit Skepsis, um nicht zu sagen, tief empfundenem Abscheu gegenüber.

„War das so angedacht?“ Gott betrachtete zweifelnd eine Erde, in der nicht nur ein etwas verbogener Dreizack steckte, sondern die auch noch stocksteif da stand. Da lag. Oder wie auch immer. Jedenfalls stocksteif.
„Is doch cool, Chef.“ Luzie hockte in der Gabel zwischen zwei Zinken und ließ den Pferdehuf baumeln.
Beim Klang ihrer Stimme kam Gabriela zwischen einem Berg Formeln hervorgeschossen, zwei Gleichungen hatte sie noch in der Hand. „Sie? Was machen Sie hier?“ Sie schob die Brille auf die Nasenspitze und starrte auf den Dreizack. „Und was bitte soll das sein?“
„Sehnse doch. Iss’n Dreizack. Was Sie da so wollten, so’n ideelles, rein gedankliches Dings, war mir zu uncool.“
„Was Gedankliches war Ihnen zu uncool, ja, das verstehen wir“, nickte Gott, „aber ich meinte eigentlich …
„Dreizack als Erdachse? Als Drehachse der Erde? Sie glauben, ich lasse die Erde sich um Ihren Dreizack drehen?“ unterbrach Gabriela ihren Chef. „Entfernen Sie das Ding. Sofort!“
„Drehachse. Drehen. Genau darauf wollte ich hinaus – sollte …“
Bevor Gott seinen Satz beenden konnte, wurde Gabrielas Computerbildschirm dunkel. „Was … Stromausfall … wie konnte das …“ Eine Ahnung, wer den Stromausfall verursacht haben könnte, ließ Gabriela auf die Nachtseite der Erde laufen. Luzie guckte sich das Ganze von ihrem Hochsitz auf dem Dreizack in aller Ruhe an. „Chef, die Kollegin Michaela hatt ne Riesenlampe da aufgebaut. Is …“
„TAGESLICHTLAMPE?!?!“ brüllte Gabriela in dem Moment, problemlos bis auf die Tagseite hörbar. „Sie wollten doch im Mondlicht sitzen und romantische was-weiß-ich verfassen! Also machen Sie gefälligst das Ding aus, damit wir auch wieder Strom bekommen!“
„Mondlichtserenaden! Aber damit bin ich fertig, als nächstes plane ich Oden an den Frühling! Und dazu brauche ich Tageslicht – das Sie mir verweigern! Sie verhindern die Erddrehung! Die Lampe bleibt an!“ Michaela war nicht weniger lautstark.
„Erddrehung! Das ist es, was ich schon die ganze Zeit loswerden will – wieso dreht die Erde sich nicht? Das sollte sie doch?“
Diesmal endlich erhielt Gott die ihm gebührende Aufmerksamkeit. Gabriela sah kurz über den Horizont. „Chef, ich habe zu tun. Ich habe sehr viel zu tun. Wenn alle 12 Stunden die Sonne untergeht, werde ich nie fertig. Also habe ich die Erddrehung angehalten.“ Ihr Kopf verschwand wieder und die Diskussion auf der Nachtseite über Sein oder Nichtsein der Tageslichtlampe ging weiter.
„Chef, vielleicht solltense jeder ne eigene Erde geben. Oder glaubense, die einigen sich?“
„Einigen? Vermutlich nicht innerhalb der Lebensdauer des Universums. Upps.“ Gott hatte sich gegen den Dreizack gelehnt und den Rauschebart gezaust. Was der Dreizack übel genommen hatte.
„Chef, Sie ham die Drehachse schief gemacht“, stellte Luzie fest und richtete sich in ihrer Gabel neu ein.
Gott besah sich den Schaden und fuhr sich weiter durch den Rauschebart. „Ja, habe ich wohl. Ich glaube, das war mal wieder ziemlich genial von mir. Sehen Sie mal.“ Er versetzte die Erde in Drehung. „Sagen Sie mir Bescheid, wenn es bei Ihnen da oben dunkel wird?“
„Jau, mach ich, Chef.“
Nach ein paar Jahren wurde Luzie langsam ungeduldig. „Wann kommt’n das? Wann geht’n die Sonne hier oben unter?“
„Gar nicht!“ freute Gott sich. „Das war es, was ich wissen wollte! Die Achse, also Ihr schöner Dreizack ist oben – Norden sagt man wohl besser dazu – zur Sonne hin gerichtet. Die Nordpolkappe liegt deshalb immer im Sonnenlicht, während der ganzen Erddrehung. Dann könnte die Kollegin einfach …“
Inzwischen hatte man auch der anderen Erdseite bemerkt, dass die Erde sich wieder drehte und den Disput über die Lampe unterbrochen. Ein exakt frisiertes und ein gänzlich unfrisiertes Engelsgesicht sahen über den Horizont. Der Mund in dem exakt frisierten Gesicht öffnete sich, aber Gott beendete geistesgegenwärtig seinen Satz, bevor er Worte formen konnte:
„Dann können Sie, hochverehrte Gabriela, doch einfach auf den Nordpol ziehen. Hier haben Sie ununterbrochen Tageslicht. Die Kollegin Michaela schlägt ihre Zelte am Äquator auf und hat exakt alle 12 Stunden Sonnenauf- und -untergänge. Romantischer geht’s doch nicht. Was sagen Sie dazu?“ Er breitete zufrieden die Arme aus.
Beide Kolleginnen dachten stirnrunzelnd über die Sache nach. Sie fanden keinen Haken, aber so schnell wollten sie das nun auch wieder nicht zugeben. Laplacie rettete Gabriela schließlich aus dieser Situation.
Er schlurfte herbei, versetzte der Erde einen Schubs, bemerkte: „So, nun kriegen Sie Ihre bestellten Frühlinge und Herbste und so“, und verschwand wieder. Stumm beobachtete der Rest des Teams einige Jahrzehnte lang, wie sich nun die Erde um die Sonne bewegte.
„Sehen Sie? Das Ganze hat doch einen Haken! Ich habe es doch gleich gewusst!“ triumphierte Gabriela dann. „Die Wanderung der Erde um die Sonne! Dabei ist mal das eine, mal das andere Ende der Erdachse zur Sonne geneigt! Das bedeutet, die Sonne geht an den Polen zwar ein halbes Jahr nicht unter, aber dann auch wieder ein halbes Jahr nicht auf! Ich kann unmöglich ein halbes Jahr lang Winterschlaf halten!“
Luzie nickte. „Hatse recht. Wenn’s hier dunkel is, dann isses richtig dolle lange dunkel.“
Gabriela brauchte einen weiteren Polartag, um zu verdauen, dass ausgerechnet Luzie ihr gerade zugestimmt hatte.
„Und wissense was? Is nich nur dunkel hier, is auch kalt. Is mächtig kalt. Ich glaub, ich fahr zur Hölle.“
„Dann nehmen Sie aber um Himmels willen Ihren Dreizack mit! Eine ideelle Drehachse reicht völlig aus! Zumal ich diese Drehungen sowieso gleich wieder stoppen werde! Und diese unsäglich schiefe Erdachse geht gar nicht! Die muss senkrecht sein, senkrecht zur Ekliptik. Ordnung muss sein.“ Gabriela krempelte bereits die Ärmel hoch.
Aber Michaela stellte sich ihr mit in die Seiten gestemmten Armen entgegen. „Nichts werden Sie tun! Wie soll ich Oden an den Frühling verfassen, wenn es keinen Frühling gibt?“
Gabriela zog eine Augenbraue nach oben. „Sieh an, ausgerechnet Sie haben den Zusammenhang zwischen der schiefen Erdachse und den Jahreszeiten verstanden?“
„Was unterstellen Sie mir da schon wieder? Gar nichts habe ich verstanden! Aber Laplacie hat gesagt, dass das so ist. Und so bleibt das jetzt auch!“
„Ähm, ja, also wenn ich auch mal was dazu sagen dürfte …“ Gott ignorierte die stirnrunzelnden Blicke. „Laplacie und ich dachten in der Tat, das mit den Jahreszeiten sei ganz nett – Schnee im Winter, Krokusse im Frühling, irgendjemand dachte an goldenes Herbstlaub – ich glaube, das brauchte die Kollegin für ein besonders romantisches Gedicht – und ich wollte gern Sommerurlaub am Strand machen. Mit schiefer Erdachse kriegen auch die Nord- und Südhalbkugel gelegentlich etwas mehr Wärme ab. Nicht immer nur der Äquator. Ich finde, das ist nur gerecht. Und Sie könnten doch jeweils zur Herbst- und Frühlings-Tagundnachtgleiche den Pol wechseln. Wozu haben Sie denn Ihre Flügel? Die kühle Witterung macht Ihnen doch hoffentlich nichts aus?“
„Natürlich nicht.“ Gabriela rümpfte die Nase. „Wenn dann bitte jemand den Strom wieder anstellen würde? Ich habe zu arbeiten. Am – äh, Südpol.“

© Wiebke Salzmann, April 2009

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