Foto von Lichtstrahlen durch Wolkenlücken

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Strahlenbüschel oder Crepuscular Rays

Manchmal sieht man im Wald an einem dunstigen Herbstmorgen Lichtstrahlen durch die Bäume fallen. Ähnliche Strahlen kann man auch beobachten, wenn Wolken die Sonne abschirmen und ihr Licht nur durch einzelne Lücken fällt. Dieses Phänomen nennt man Crepuscular Rays oder Strahlenbüschel, umgangssprachlich auch Schattenstrahlen.

Abb. 1a ¦ Strahlenbüschel in der Rostocker Heide   Foto Licht durch Bäume im dunstigen Wald
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Abb. 1b ¦ Strahlenbüschel über der Lüneburger Heide   Foto Licht durch Wolkenlücken
Bildunterschrift Bildunterschrift Ende
Abb. 1c ¦ Strahlenbüschel über der Lüneburger Heide   Foto Licht durch Wolkenlücken
Bildunterschrift Bildunterschrift Ende

Man sieht einzelne Lichtstrahlen getrennt durch dunkle „Strahlen“, weil die Wolke oder die Bäume einen Großteil des Lichtes verdecken. Nur durch einzelne Lücken bzw. zwischen den Bäumen kann das Licht sich ausbreiten, die Bereiche dazwischen liegen im Schatten. Man blickt seitwärts auf die Strahlen – um sie sehen zu können, muss Licht aus den Strahlen heraus ins Auge gestreut werden. Licht kann an an Wassertröpfchen oder Aerosolen gestreut werden, weshalb man diese stimmungsvollen Strahlenbüschel im Wald oft an feuchten Herbstmorgen sieht. Diesen Effekt hat man auch bei Lampenlicht im Nebel.

Abb. 2 ¦ Laserstrahl in Milchwasser   Foto eines Laserstrahls
BildunterschriftLicht eines Laser-Pointers durch eine Glaskugel. Diese ist mit Wasser gefüllt, das mit ein wenig Milch versetzt ist. Milch löst sich nicht in Wasser, sondern bildet eine Emulsion. Das bedeutet, winzige Milchtröpfchen sind im Wasser verteilt. Diese Tröpfchen streuen das Laserlicht zur Seite, sodass man den Strahl auch von der Seite sehen kann. Außerhalb der Glaskugel sieht man den Strahl nicht, weil keine streuenden Teilchen vorhanden sind. Die Milchtröpfchen übernehmen die Rolle der streuenden Aerosole oder Nebeltröpfchen in der Luft.Bildunterschrift Ende

In Abbildung 1 sieht man, dass die Strahlen des Büschels alle aus einem Punkt zu kommen und sich sternförmig auszubreiten scheinen. Noch deutlicher ist es bei bei dieser Wolke über der Ostsee:

Abb. 3a ¦ Strahlenbüschel über Mönchhagen   Foto Schattenstrahlen
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Abb. 3b ¦ Schnittpunkt der Strahlen   Foto Schattenstrahlen
BildunterschriftAm scheinbaren Schnittpunkt der Strahlen befindet sich die Sonne als Lichtquelle. Bildunterschrift Ende

Dieses Zusammenlaufen in einem Punkt ist jedoch nur ein perspektivischer Effekt – in Wirklichkeit verlaufen die Strahlen von ihrem Ausgangspunkt (der Sonne in diesem Fall) ausgehend parallel.
Weil Gegenstände mit zunehmender Entfernung jedoch unter immer kleinerem Sehwinkel gesehen werden, erscheint auch der Abstand zwischen zwei Lichtstrahlen mit wachsender Entfernung unter immer kleinerem Sehwinkel. Die Lichtbündel laufen daher scheinbar aufeinander zu. Man kennt den Effekt auch von Schienen: Steht man auf einer Brücke über die Eisenbahn und blickt entlang der Schienen in die Ferne, scheinen auch die Gleise in einem Punkt zu münden.

Dieses Zusammenlaufen ist wie gesagt nur ein perspektivischer Effekt, in Wirklichkeit verlaufen die Strahlen von der Sonne durchs All und durch die Atmosphäre parallel zueinander. Manchmal kann man diesen Weg quer durch die Atmoshäre verfolgen, wenn die Strahlen bis zum gegenüberliegenden Horizont sichtbar sind.
Gegenüber der Sonne laufen die Strahlen dann scheinbar wieder in einem Punkt zusammen – was auf demselben perspektivischen Effekt beruht. Diese Strahlen als „Gegenstück“ zu den Crepuscular Rays nennt man Anticrepuscular Rays. Da das Phänomen in dieser Form nur in der Dämmerung auftritt, spricht man auch von Dämmerungsstrahlen und Gegendämmerungsstrahlen.

Abb. 4 ¦ Anticrepuscular Rays   Foto anticrepuscular rays
Bildunterschrift Westlicher Horizont beim Sonnenaufgang in Miami, August 2013. Dieses Bild wurde mir freundlicherweise von Herrn Hans Roland van Boven zur Verfügung gestellt. Bildunterschrift Ende

Dass die Anticrepuscular Rays (Gegendämmerungsstrahlen) nur bei Sonnenauf- und -untergang zu sehen sind, liegt daran, dass nur dann die Lichtstrahlen über den ganzen Himmel von Horizont zu Horizont verlaufen. Bei höherem Sonnenstand fallen sie auf die Erdoberfläche.

Wem diese Erklärung nicht geheuer scheint, der kann sich noch einmal vorstellen, er stünde auf der Brücke über die Eisenbahn. Sie können nach vorn und hinten schauen und haben in beiden Richtungen den Eindruck, dass sich die Schienen in der Ferne in einem Punkt treffen. Die eine Richtung sind die crepuscular rays, die andere die anticrepuscular rays.

Abb. 5 ¦ Am Bahnübergang Mönchhagen/Oberdorf   Foto Bahnstrecke
Bildunterschrift Links kommen die Gleise aus Stralsund, rechts verschwinden sie nach Rostock – in beiden Richtungen wirkt es, als liefen sie in der Ferne in einem Punkt zusammen. (Bei den Gleisen könnte man natürlich auch behaupten, sie kämen aus Rostock und gingen nach Stralsund; bei Licht sind Quelle und Ziel nicht vertauschbar.) Bildunterschrift Ende
Abb. 6a ¦ Anticrepuscular Rays   Foto anticrepuscular rays
Bildunterschrift Blick aus dem Flugzeug über Norwegen, September 2014. Bildunterschrift Ende
Abb. 6b ¦ Anticrepuscular Rays   Foto anticrepuscular rays
Bildunterschrift Blick aus dem Flugzeug über Norwegen, September 2014. Rechts sind sogar Schatten auf dem Erdboden zu erkennen. Bildunterschrift Ende
Abb. 7a ¦ Crepuscular Rays bei Prora/Rügen   Foto Crepuscular rays
Bildunterschrift Westlicher Horizont beim Sonnenuntergang am Strand von Prora, August 2014. Bildunterschrift Ende
Abb. 7b ¦ Anticrepuscular Rays bei Prora/Rügen   Foto anticrepuscular rays
Bildunterschrift Östlicher Horizont beim Sonnenuntergang am Strand von Prora, August 2014. Die Dämmerungsstrahlen waren nur sehr schwach, dafür aber links und rechts neben der Sonne zu sehen, sodass man einigermaßen das Zusammenlaufen zum Sonnengegenpunkt erkennen konnte. Leider hatten wir keinen Fotoapparat, sondern nur ein Handy dabei, sodass die Fotoqualität eher mäßig ist. Bildunterschrift Ende

© Wiebke Salzmann, August 2013

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