freie Lektorin und Autorin
Auf dieser Seite erwartet Sie ein einfaches Experiment zur „Dämmerung im Milchglas“.
www.wissenstexte.de > Physik-Wissen > Optik > Himmelsblau
… obwohl man gelernt hat, das Sonnenlicht sei weiß?
Allerdings lautet die Frage genau genommen: Wieso hat der Himmel überhaupt eine Farbe – der Himmel des Mondes ist ja auch schwarz.
Im Unterschied zum Mond ist die Erde von einer Atmosphäre aus Stickstoff und Sauerstoff umgeben. Nun ist das Blau zwar nicht die Farbe dieser beiden Gase, aber die Luftmoleküle sind dennoch die Verursacher des Himmelsblaus. Um dies zu verstehen, müssen wir etwas weiter ausholen:
Hier finden Sie eine Geschichte zur Entstehung der Himmelsfarben
Licht ist eine elektromagnetische Welle, also eine Abfolge schwingender, das heißt sich periodisch ändernder elektrischer und magnetischer Felder. Diese Felder üben Kräfte auf elektrische Ladungen aus, elektromagnetische Wellen versetzen Ladungen also in Schwingung. Andererseits sind schwingende elektrische Ladungen selbst wiederum Sender von elektromagnetischen Wellen.
Auch die Elektronen der Atome und Moleküle sind elektrisch negativ geladene Teilchen. Trifft eine elektromagnetische Welle auf ein Atom, werden die Elektronen daher in Schwingung gegenüber dem Atomkern versetzt – wenn die Energie des Lichtes zu klein ist, um einfach absorbiert zu werden. (Die elektrisch positiv geladenen Atomkerne sind sehr viel schwerer als die Elektronen, so dass man ihre Bewegung vernachlässigen kann.) Aufgrund dieser Schwingung sind die Elektronen nun selbst Quelle einer neuen Welle – die zwar dieselbe Frequenz wie die ursprüngliche Welle hat, aber in alle möglichen Richtungen gesendet werden kann. Insgesamt wird also die ankommende Lichtwelle in eine andere Richtung abgelenkt. Diesen Vorgang nennt man Streuung.
Sonnenlicht ist weiß, weil es sich aus allen Spektralfarben zusammensetzt – die Aufspaltung in die einzelnen Farben sieht man bekanntlich im Regenbogen (die Aufspaltung im Regenbogen hat mit Lichtbrechung zu tun, nicht mit Streuung.) Auch Streuung kann zu einer „Aussortierung“ von Farben führen, da die Stärke der Streuung zum eine von der Teilchengöße und zum anderen von der Wellenlänge des einfallenden Lichtes abhängt. So werden an Luftmolekülen nicht alle Farben (also nicht alle Wellenlängen) gleich stark gestreut – je kürzer die Wellenlänge, desto stärker die Streuung.
Blaues Licht wird also stärker gestreut als rotes. Trifft nun das weiße Sonnenlicht auf die Atmosphäre, geht ein großer Teil des roten Lichtes geradewegs durch die Atmosphäre hindurch, ohne von Molekülen in der Atmosphäre gestreut zu werden.
Vom blauen Licht wird dagegen ein größerer Anteil an Luftmolekülen gestreut und in andere Richtungen gelenkt. Es finden sich in jedem Teil des Himmels, gleichgültig wohin wir sehen, genug Moleküle, die einen blauen Lichtstrahl gerade so ablenken, dass er in unsere Richtung läuft. Blaues Licht fällt deshalb aus jeder beliebigen Richtung vom Himmelsgewölbe in unsere Augen und wir sehen den Himmel blau. Die anderen Farben kommen im wesentlichen nur direkt von der Sonne – die wir deshalb weiß oder leicht gelblich sehen.
Es ist natürlich nicht so, dass alles blaue Licht gestreut wird und die anderen Farben gar nicht – der Anteil gestreuten Lichtes ist beim Blau lediglich höher, so dass in der Überlagerung aller gestreuten Farben das Himmelsblau dominiert. Die Mittagssonne ist weiß, weil das direkt von ihr kommende Licht immer noch genügend Anteile blauen Lichtes enthält, dass die Mischung der Farben weiß ergibt.
Die starke Streuung des blauen Lichtes ist auch der Grund dafür, dass Berge umso blauer erscheinen, je weiter sie weg sind. (Zumindest in klarer Luft – enthält die Luft viel Feuchtigkeit, werden sie lediglich blasser; siehe unten: Wolkenweiß). Neben dem Licht, das von den Bergen reflektiert wird, also den eigentlichen Farben der Berge, sieht man auch das (überwiegend blaue) Licht, das von den Luftteilchen gestreut wird, die sich zwischen einem selbst und den Bergen befinden. Je weiter weg die Berge sind, desto dicker ist die Luftschicht bis zu den Bergen und desto mehr blaues Licht wird einem ins Auge gestreut, desto weniger Licht kommt von den Bergen selbst. Was man so blau sieht, ist also das Himmelsblau vor dem Hintergrund der Berge. Mit zunehmender Entfernung wird das Blau blasser, was zunächst überrascht – nach der eben gegebenen Erklärung müsste das Blau doch intensiver werden. Die unteren Atmosphärenschichten enthalten jedoch auch Wasser und Aerosole. Diese größeren Teilchen streuen alle Wellenlängen in etwa gleich gut, weshalb deren Streulicht weiß ist. Durch diese verunreinigten Luftschichten blickt man beim horizontalen Blick auf die Berge. Mit größeren horizontalen Entfernungen wird dem Blau daher immer mehr Weiß zugemischt, die Berge werden blasser.
Anders ist es in der Dämmerung, wenn der Weg des Lichtes durch die Atmosphäre sehr viel weiter ist. Auf dem längeren Weg wird entsprechend auch mehr blaues Licht aus dem direkten Weg von der Sonne zur Erde herausgestreut. Das Licht, das uns direkt von der Sonne erreicht, enthält jetzt zu wenig Blau – die Mischung der Farben ergibt kein Weiß mehr und die Abend- oder Morgensonne erscheint uns rot.
Da nun also im Wesentlichen rotes Licht von der Sonne in die untere Atmosphäre gelangt, wird hier auch nur das rote Licht gestreut – deshalb ist mitunter nicht nur die Sonne, sondern auch der Himmel um sie herum rot. Wobei die Färbung umso kräftiger ist, je mehr Staub oder Wasser in der Atmosphäre ist.
Davon wissen auch alte Bauernregeln:
„Morgenrot – Schlechtwetter droht
Abendrot – Gutwetterbrot.“
„Abendrot und Morgenhell
sind ein guter Reisegesell.“
Ist das Morgenrot sehr ausgeprägt, ist die Luft also sehr feucht. Mit zunehmender Erwärmung steigt die feuchte Luft auf, es bilden sich Wolken, aus denen es dann regnen kann. Ein schwaches Morgenrot bedeutet dagegen trockene Luft. Nun hat zwar auch ein leuchtendes Abendrot einen hohen Wassergehalt der Luft als Ursache, aber im Laufe der nächtlichen Abkühlung steigt die feuchte Luft nicht auf, der Wasserdampf setzt sich sogar teilweise als Tau ab.
Lichtstreuung kann natürlich nur auftreten, wenn streuende Teilchen vorhanden sind – deshalb ist der Himmel auf dem atmosphärenlosen Mond schwarz. Dort sieht man nur das Licht, das direkt von Sonne und Sternen ins Auge fällt, dazwischen ist nur das lichtlose All.
Man kann den Effekt der unterschiedlichen Streuung unterschiedlicher Farben übrigens leicht an einem Glas Milchwasser zeigen – in ein Glas Wasser mischt man etwa einen halben Teelöffel Milch, so dass eine leichte Trübung entsteht. Leuchtet man nun mit einer Taschenlampe durch das Glas, ist das vorn austretende Licht (rechts im Bild) rötlicher als das zur Seite des Glases austretende Licht (links). In Natura ist der Effekt etwas deutlicher zu sehen als auf diesen Fotos.
Auch die Dämmerung wird von der Atmosphäre verursacht. Ohne Atmosphäre würde es schlagartig dunkel, sobald die Sonne unter dem Horizont verschwindet. Das direkte Licht von der Sonne kann den Beobachter nach Sonnenuntergang nicht mehr erreichen (dunkelgrauer Strahl), da dieser sich im Schatten der Erde befindet. In höhere Atmosphärenschichten gelangen jedoch noch immer direkte Sonnenstrahlen. Diese werden zum Teil von Luftmolekülen auf die Erdoberfläche gestreut und bewirken, dass wir auch nach Sonnenuntergang noch eine Zeitlang einen (mehr oder weniger) hellen Himmel sehen.
Das Himmelsblau entsteht durch Streuung des Lichtes an Molekülen, und damit an Teilchen, die mit einigen Nanometern verglichen mit der Wellenlänge des sichtbaren Lichtes sehr klein sind (die Lichtwellenlänge liegt zwischen 400 und 700 nm). Bei Wassertröpfchen oder auch Staub oder Kristallen (allgemein nennt man solche Teilchen Aerosole) ist das nicht der Fall – die kleinsten sind mit einigen 100 nm etwa so groß wie die Lichtwellenlänge, die größten mit einige Millimetern Durchmesser deutlich größer. Bei so großen Teilchen ist die Streuung des Lichtes nicht mehr nur von der Wellenlänge, sondern auch von der Größe des streuenden Teilchens abhängig. Da Aerosole aber in der Regel ein Gemisch unterschiedlicher Teilchengrößen sind, ist auch das gestreute Licht in allen Richtungen ein Gemisch aller Farben, da es für jede Wellenlänge und jede Richtung streuende Teilchen in passender Größe gibt – das gestreute Licht ist weiß. Deshalb ist das Himmelsblau blasser, wenn die Luftfeuchte groß ist, und deshalb erscheinen auch Wolkendecken weiß.
Auch die Blaufärbung weit entfernter Berge fällt bei steigendem Feuchtegehalt der Luft entsprechend geringer aus, bis die Berge irgendwann einfach nur noch blasser werden.
Das blendende Weiß mancher sonnenbeschienener Haufenwolken rührt jedoch von Reflexion her und nicht von Streuung.
Selten sieht man in unseren Breiten geheimnisvoll silbrig schimmernde Wolken am Nachthimmel. Da die Sonne längst untergegangen ist, meint man, die Wolken würden aus sich selbst heraus leuchten. Aber auch hier kommt das Licht von der Sonne. Da diese bereits hinter dem Horizont verschwunden ist, erreichen ihre Strahlen den Beobachter am Erdboden nicht mehr – aber sie erreichen noch Schichten in größeren Höhen und bringen dort in über 80 km Höhe Wolken aus Eiskristallen zum Leuchten. Diese Wolken liegen also deutlich über der Troposphäre, dem Teil der Atmosphäre, in dem sich das Wetter mit seinen „normalen“ Wolken abspielt und der nur die unteren 10–15 km umfasst.
Die silbrig blau-weiße Farbe der leuchtenden Nachtwolken hat ihre Ursache in dem langen Weg, den das Sonnenlicht auf dem Weg zu den hohen Eiswolken durch die Atmosphäre zurücklegt. Rote und gelbe Anteile des Sonnenlichtes sind zum Großteil herausgestreut.
Leuchtende Nachtwolken sieht man am häufigsten in den Sommermonaten in geografischen Breiten zwischen 50° und 65°. In höheren Breiten sind sie wegen der nicht untergehenden Sonne und der deshalb herrschenden Helligkeit nicht sichtbar, in niedrigeren Breiten lösen sich die Eiswolken auf. In der Höhe der leuchtenden Nachtwolken herrschen im Vergleich zur Troposphäre umgekehrte Temperaturverhältnisse, hier ist es im Sommer besonders kalt. Deshalb kann man die leuchtenden Nachtwolken in Norddeutschland von Mai bis August beobachten, am häufigsten im Juni und Juli.
© Wiebke Salzmann, Januar 2022