freie Lektorin und Autorin
Auf dieser Seite spannt die Sonne Bögen …
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Regenbögen entstehen durch Lichtbrechung in Wassertropfen. Das Sonnenlicht tritt in den Tropfen ein, wird dabei gebrochen, dann an seiner Rückseite reflektiert und beim Austritt an der Vorderseite wiederum gebrochen. Da die Brechung je nach Farbe unterschiedlich ist (rotes Licht wird schwächer gebrochen als blaues), wird das weiße Sonnenlich in die „Regenbogenfarben“ aufgespalten.
Meist sieht man nur den Hauptbogen (unter einem Winkel von etwa 42°). Gelegentlich erscheint aber über dem Hauptbogen ein zweiter Bogen, der so genannte Nebenbogen am Himmel (unter einem Winkel von etwa 51°). Er entsteht nach zweifacher Reflexion des Lichtes im Tropfen. Die Farbreihenfolge ist im Nebenbogen umgekehrt.
Freunde haben im Mai einen Dreifachregenbogen beobachtet – dieser ist extrem selten. Leider haben sie kein Foto gemacht …
Beim ersten Hinsehen ist es etwas verwirrend, dass in Abbildung 1 im Hauptbogen das rote Licht den Tropfen unterhalb des blauen verlässt, in Abbildung 2 der rote Bogen aber oberhalb des blauen liegt. Um das zu verstehen, muss man sich auch wieder klar machen, dass man nur sieht, was ins Auge fällt. Da das rote Licht den Tropfen weiter unten verlässt, geht es unterhalb des Beobachterauges vorbei, wenn das blaue Licht aus diesem Tropfen ins Auge fällt. Von diesem Tropfen sieht der Beobachter also nur das blaue Licht. Von einem weiter oben gelegenen Tropfen jedoch empfängt er das rote Licht. Diesmal geht aber das blaue Licht oberhalb an seinem Auge vorbei. Er sieht also aus dem oberen Tropfen rot, aus dem unteren blau – womit der rote Bogen außen, der blaue innen liegt (siehe Abbildung 2a).
Bei Abbildung 3 fällt auf, dass der Himmel zwischen den Bögen dunkler ist. Den dunklen Himmel zwischen den Bögen nennt man „Alexanders dunkles Band“.
Um das zu erklären, sehen wir uns die Entstehung des 42°-Winkels noch einmal genauer an. Wegen der großen Entfernung der Sonne trifft ihr Licht nahezu parallel in den Regentropfen ein. Nun ist die Oberfläche eines Tropfens aber gekrümmt, so dass jeder der parallel einfallenden Strahlen einen anderen Einfallswinkel hat. Entsprechend sind für jeden Strahl auch Brechungswinkel und Reflexionswinkel andere.
Der Strahl, der genau in der Mitte des Tropfens einfällt, geht ungebrochen durch die Oberfläche und wird an der Rückwand um 180° zurückgeworfen – anders ausgedrückt: in der Weise, wie hier die Winkel bezeichnet werden, ist der Winkel zwischen einfallendem und austretendem Strahl 0°. Betrachtet man nun die immer weiter oben in den Tropfen einfallenden Strahlen, nimmt der Winkel zwischen einfallendem und austretendem Strahl zunächst zu, dann wieder ab. Der größtmögliche Winkel beträgt 42° (dicker Strahl in Abbildung 4). Bei diesem Winkel häufen sich die austretenden Strahlen – unter 42° sieht man deshalb den Regenbogen. Bei zweifacher Reflexion beträgt dieser Häufungswinkel 51°.
Dieselbe Strahlenhäufung tritt natürlich auch für die Strahlen auf, die in die untere Tropfenhälfte einfallen. Die dazu gehörenden austretenden Strahlen werden aber nach oben abgelenkt – sie sind von der Erde aus nicht zu sehen.
In den Winkelbereich größer als 42° wird nach Einfachreflexion also kein Licht gebrochen. Entsprechendes gilt bei Zweifachreflexion – nur dass jetzt kein Licht in den Winkelbereich kleiner als 51° geworfen wird. In den Bereich zwischen 42° und 51° werfen die Tropfen also kein Licht, weshalb der Himmel hier dunkel ist.
Im Gegenzug ist der Himmel innerhalb des Hauptbogens aufgehellt (in Abbildung 3 vor allem am linken Ende des Bogens zu sehen). Diese Aufhellung wird von den Strahlen verursacht, die den Tropfen innerhalb des 42°-Winkels verlassen. Außerhalb des Nebenbogens gibt es im Prinzip auch eine solche Aufhellung, die ist aber zu schwach, als dass man sie wahrnehmen könnte. Eine Aufspaltung in Farben findet hier nicht statt, da das Licht hier nicht wie beim Maximalwinkel gebündelt wird, sondern Licht aller Farben „durcheinander“ gestreut wird und sich zu Weiß überlagert.
Der Regenbogen in Abbildung 3 hat auch so genannte „überzählige Bögen“ innerhalb des Hauptbogens, also für Winkel kleiner als 42°. Abbildung 5 zeigt diese noch einmal vergrößert. Damit scheint die Aussage, es gäbe innerhalb des Hauptbogens keine Farbaufspaltung, widerlegt. Aber bei den überzähligen Bögen handelt es sich nicht um ein Phänomen der Strahlenoptik, in dem bisherigen Bild zur Beschreibung des Regenbogens kommen diese gar nicht vor. Um das Zustandekommen der überzähligen Bögen zu erklären, müssen wir das Licht als Welle betrachten, da es sich bei den überzähligen Bögen um Interferenzeffekte handelt.
Exkurs – Modellbildung in der Physik
Was soll das heißen, dass die überzähligen Bögen in der Strahlenoptik nicht vorkommen? In der Physik versucht man, die Vorgänge in der Natur zu beschreiben. Um das zu tun, schafft man Modellvorstellungen. Eine solche Modellvorstellung der optischen Phänomene ist die Strahlenoptik, eine andere die Wellenoptik. In der Strahlenoptik stellt man sich Licht in Form von Strahlen vor. Diese Strahlen haben bestimmte Eigenschaften, wie die geradlinige Ausbreitung. Ob eine solche Modellvorstellung die Natur richtig beschreibt, erkennt man, wenn man anhand der Eigenschaften des Modells Vorhersagen macht und prüft, ob die Natur sich so verhält, wie das Modell es erwarten lässt. Man könnte also eine Wand mit einem Loch nehmen und sich überlegen, wie die Strahlen verlaufen, unter der Voraussetzung, dass sie sich geradlinig ausbreiten. Man stellt fest, dass sie sich durch das Loch hindurch ausbreiten, durch die Wand aber nicht. Auf einem Schirm entsteht also ein kreisförmiger Lichtfleck, darum herum herrscht Schatten. Die Annahme der geradlinigen Lichtstrahlen ist dadurch bestätigt. Sieht man genau hin, erkennt man jedoch, dass auch in den Schattenbereich Licht fällt. Das Modell der Strahlenoptik ist also offenbar nicht ausreichend. Um zu erklären, wie Licht an den Rändern des Loches aus seiner geraden Richtung abgelenkt wird, braucht man ein ausgefeilteres Modell, nämlich die Wellenoptik. In dieser fasst man Licht als Welle auf, die am Lochrand gebeugt wird. Welches Modell zweckmäßig ist, hängt davon ab, was man beschreiben will. Um die Bilderzeugung im Fernrohr oder Haupt- und Nebenbogen des Regensbogens zu erklären, ist die Strahlenoptik ausreichend – man muss es sich nicht komplizierter machen als nötig. Um aber die Entstehung einer Mondkorona oder der überzähligen Bögen zu beschreiben, muss man auf die Wellenoptik zurückgreifen.
Für eine einfache Veranschaulichung fassen wir also die in den Tropfen einfallenden Strahlen als Wellen auf. Die Strahlen – oder besser gesagt: Wellen – fallen wie gesagt parallel in den Tropfen ein. Außerdem suchen wir uns aus dem einfallenden Strahlenbündel in Abbildung 4 zwei Wellen aus, die zur Kugeloberfläche solche Winkel haben, dass auch die austretenden Wellen zueinander parallel sind (die rot gezeichneten Strahlen in Abbildung 4 – hier noch mal gezeigt – sind hierfür ein Beispiel).
Die parallel austretenden Wellen überlagern sich nun. Wenn zwei Lichtstrahlen sich überlagern, stellt man sich vor, dass sie insgesamt ein helleres Licht ergeben – wie das der Fall ist, wenn man das Licht zweier Taschenlampen kombiniert. Überlagern sich jedoch zwei Wellenzüge, muss das nicht unbedingt so sein. Eine Welle ist eine Abfolge von Wellenbergen und Wellentälern und dazwischen gibt es auch Punkte, wo der Wellenausschlag Null durchläuft. Was passiert, wenn sich zwei Wellen überlagern, hängt davon ab, ob beide gegeneinander versetzt sind oder nicht. Sind sie nicht gegeneinander versetzt (der Physiker sagt dann, sie haben keine Phasenverschiebung), trifft ein Wellenberg der einen genau auf einen Wellenberg der anderen. Dasselbe gilt für die Wellentäler. In diesem Fall verstärken sich die Wellen. Sind die Wellen jedoch genau so weit gegeneinander verschoben, dass ein Wellenberg der einen auf ein Wellental der anderen trifft, löschen sich beide genau aus.
Durch die runde Form des Tropfens gibt es innerhalb des Maximalwinkels viele Lichtwege, die unterschiedlich lang sind (einige davon zeigt Abbildung 4). Wenn also zwei Lichtwellen in den Tropfen einfallen, bei denen bspw. Wellenberge und Wellentäler genau übereinstimmen, muss das beim Austritt aus dem Tropfen nicht mehr so sein. Wenn bspw. die obere rote Welle einen längeren Weg zurücklegen muss als die untere, wird der Wellenberg der oberen gegenüber dem der unteren Welle verspätet hinter dem Tropfen ankommen. Die beiden Wellen schwächen sich also ab. Ist die Verspätung so groß, dass der Wellenberg genau auf das Wellental der unteren trifft, löschen sich die Wellen sogar aus. Andererseits kommt es wieder zur maximalen Verstärkung, wenn der obere Wellenberg so lange braucht, dass er hinter dem Tropfen auf den nächsten Wellenberg trifft.
Durch die Brechung im Tropfen entstehen also Lichtwege, für die es zur Verstärkung, und solche, für die es zur Auslöschung kommt. Wie viele Lichtwege mit Verstärkung es gibt – wie viele Helligkeitsmaxima es gibt – und unter welchem Winkel diese zu sehen sind, hängt davon ab, wie groß die Tropfen sind. Ist die Tropfengröße recht einheitlich, entstehen getrennt erkennbare Lichtmaxima – neben dem Hauptbogen sieht man dann auch innerhalb die überzähligen Bögen.
Ist die Tropfengröße sehr unterschiedlich, liegen die Lichtmaxima für jede Tropfengröße an einer anderen Position. Dann ist nur der helle Hauptbogen zu sehen. Das Licht der überzähligen Bögen verschwimmt ineinander und es sind keine getrennten Bögen erkennbar.
Genaueres zur Beugung und Überlagerung von Licht (man spricht hier von Interferenz) findet man auf der Seite: Beugung und Interferenz
Ob sich die Lichtwellen hinter dem Tropfen abschwächen oder verstärken, hängt natürlich auch von der Wellenlänge ab und damit von der Farbe des Lichtes. Kommt es für rotes Licht gerade so hin, dass sich zwei Wellen auslöschen, wird es für den blauen Anteil des Lichtes nicht der Fall sein. Dadurch entsteht die Aufspaltung in Farben. Wie stark die Aufspaltung ist, hängt von der Tropfengröße ab. Man kann also aus den Farben eines Regenbogens auf die Tropfengröße schließen. Sind die Tropfen sehr klein, werden die Ringe der einzelnen Farben sehr breit. Dadurch überlagern sich die einzelnen Farben, es entstehen keine getrennten Farbringe mehr. Die Farben mischen sich zu weiß. Weil Nebel aus sehr kleinen Tropfen besteht, sind Nebelbögen daher weiß.
Hier finden Sie eine Geschichte zur Entstehung des Regenbogens
Gelegentlich kann man um die Sonne Lichtkreise beobachten, so genannte Halos. Sie entstehen ganz analog zum Regenbogen – nur sind es hier nicht Regentropfen, sondern Eiskristalle, in denen das Licht gebrochen wird. Die Form der Kristalle sorgt dafür, dass man den Ring des Halo nicht wie den Regenbogen der Sonne gegenüber, sondern um die Sonne selbst sieht. Die Aufspaltung in die Farben ist schwächer und, wenn überhaupt, nur innen als bräunlicher Rand zu sehen.
Die Strahlen verlassen die Eissäulen also unter einem Winkel von 22°. Andererseits sind aber alle Säulen unterschiedlich ausgerichtet. Dadurch bilden die Strahlen vom Beobachter aus gesehen einen vollständigen 22°-Kreis – weil es an jedem Punkt dieses Kreises passend ausgerichtete Säulen gibt.
Sind die Eiskristalle keine Säulen, sondern Plättchen, dazu noch horizontal ausgerichtet und werden von der tief stehenden Sonne parallel zur Grundfläche bestrahlt, entsteht kein Kreis, sondern nur zwei Aufhellungen auf Sonnenhöhe im 22°-Abstand zur Sonne – die so genannten Nebensonnen. Da die Eisplättchen alle horizontal liegen, kann sich kein Kreis bilden – für diesen war ja Voraussetzung, dass die Säulenkristalle alle unterschiedlich ausgerichtet sind und so Licht von einem 22°-Kegelmantel ins Auge fällt. Bei den horizontalen Plättchen sind es nur zwei Punkte, aus denen Licht ins Beobachterauge gelangt – rechts und links der Sonne im 22°-Abstand.
In Abbildung 10 sind die Nebensonnen als helle Flecken im Halo zu erkennen, bei genauerem Hinsehen sieht man auch die deutlichere Farbaufspaltung in den Nebensonnen.
Solche Halos treten auch um den Mond auf – diese sind zwar viel lichtschwächer, haben aber gerade wegen dieser Blässe ihren Reiz, sie wirken regelrecht gespenstisch.
Tritt der Lichtstrahl wie beim 22°-Halo durch eine Seitenfläche der Sechsecksäule ein, aber statt durch eine zweite Seitenfläche durch ihre Grundfläche aus, ergibt sich ein größerer Halo bei 46° um die Sonne. Dieser 46°-Halo tritt viel seltener auf als der 22°-Halo und ist meist nicht vollständig zu sehen, da Eiswolken, die einen genügend großen Himmelsbereich bedecken, selten sind. Schließlich gibt es auch noch Haloerscheinungen, die nicht auf Brechung, sondern auf Spiegelung beruhen, wie beispielsweise die Lichtsäule, die man manchmal über der Sonnenscheibe sieht. Diese Lichtsäule besteht aus Spiegelbildern der Sonne, die durch Reflexionen an Eiskristallen entstehen.
Eine weitere Haloerscheinung ist der Zirkumzenitalbogen.
Zirkumzenitalbögen heißen so, weil sie ein Stück eines Kreises um den Zenit sind – sie stehen also immer oberhalb der Sonne am Himmel und sind von ihr weg gekrümmt (statt um sie herum, wie der normale Halo). Ein Zirkumzenitalbogen berührt den 46°-Halo (sofern dieser gleichzeitig zu sehen ist) und tritt oft gemeinsam mit den 22°-Nebensonnen auf.
Zirkumzenitalbögen entstehen durch Lichtbrechung in liegenden Eiskristallplättchen.
© Wiebke Salzmann, Mai 2009