freie Lektorin und Autorin
Auf dieser Seite erwarten Sie Karren im kargen Karst …
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Es gibt nicht „den“ Kalkstein – zwar besteht er überwiegend aus Kristallisationsformen von Calciumcarbonat (CaCO3), enthält aber auch andere Minerale. Mergel ist beispielsweise ein Kalkstein mit einem sehr hohen Anteil an Tonmineralen; neben stark verfestigtem Kalkstein gehört geologisch auch die weiche Kreide zu den Kalksteinen. Neben dem Kalkstein gibt es auch andere Karbonatgesteine, wie Dolomit. Das Gestein Dolomit besteht zu mindestens 90 % aus dem Mineral Dolomit, dessen chemische Formel CaMg(CO3)2 lautet.
Zwar kann Kalkstein auch auf andere Weise entstehen, aber die meisten Kalkgesteine sind biogenen Ursprungs, also von Lebewesen gebildet. Sind Mikroorganismen die Urheber, entstehen in der Regel feine Sedimentgesteine. Kalkschalen und -gehäuse abgestorbener Meeresbewohner sinken auf den Meeresgrund, lagern sich dort ab und bilden Sediment, zunächst ist das einfach Kalkschlamm. Wächst das Sediment, wächst auch der Druck, den die oberen Schichten auf die unteren Sedimentschichten ausüben. Ist der Druck groß genug, verfestigen sich die unteren Sedimentschichten, das Wasser wird aus ihnen herausgepresst. In Wasser gelöste Minerale gelangen in die Poren des Sediments und fällen dort aus. Dadurch werden die Poren des lockeren Sediments verfüllt und das Sediment verkittet. („Ausfällen“ ist das Gegenteil von „sich auflösen“.) Ein fester Kalkstein ist entstanden.
Solche Kalkschlämme bilden sich nur bis zu einer bestimmten Wassertiefe, wird der Wasserdruck zu hoch, löst sich das Calciumcarbonat vollständig im Meerwasser.
Neben den Schalen von Kleinstlebewesen können auch kalkabscheidende Bakterien wie die Bakterien, die für die Entstehung von Stromatolithen verantwortlich sind, die Quelle für den Kalk sein. Die kalksteinbildenden Lebewesen können neben Mikroorganismen aber auch größere Lebewesen sein. In dem Fall kann der Kalkstein zum großen Teil aus Fossilien bestehen, die mit bloßem Auge sichtbar sind – wie Korallenkalke, Brachiopodenkalk und andere.
In küstennahen, flachen Meeresregionen kann Kalkgestein auch aus festsitzenden Meereslebewesen wie Korallen entstehen, die aus ihren Kalkskeletten im Laufe von Jahrhunderten Riffe aufbauen. Man spricht dann von Riffkalken, bei sehr ausgedehnten Riffkalken auch von Massenkalk. Riffkalke von Korallen (u. a.) bilden sich bereits als feste Kalksteine, durchlaufen also nicht den oben beschriebenen Verfestigungsprozess von Sedimenten.
Heutige Korallenriffe werden heute überwiegend von Steinkorallen gebildet, in früheren Zeitaltern gab es andere Riffbildner. Im Silur und Devon hatten Stromatoporen diese Rolle übernommen (sie werden heute meist den Schwämmen zugeordnet). Das Rheinische Schiefergebirge (siehe auch Vulkaneifel) hat seine Existenz diesen Stromatoporen zu verdanken: Im Devon gab es hier ein Flachmeer, in dem sich Stromatoporenriffe bildeten. Der Dolomitfelsen bei Gerolstein in der Eifel, aber auch der „Lahnmarmor“ zeugen davon. Die Anführungsstriche deshalb, weil der Lahnmarmor im geowissenschaftlichen Sinne kein Marmor ist. Er wird in der Industrie so bezeichnet, weil er ein sehr dichtes, polierfähiges Gestein ist. (Marmor im geowissenschaftlichen Sinne ist ein Gestein, das entsteht, wenn karbonatreiches Gestein im Erdinneren durch Hitze und Druck umgewandelt wird. Nur ein Beispiel dafür, dass dieselben Fachausdrücke in verschiedenen Fachrichtungen unterschiedliche Bedeutungen haben können …) Auch in den Nördlichen Kalkalpen bestehen etliche Berge, wie beispielsweise der Hohe Dachstein, aus Korallenkalk, es handelt sich also um fossile Korallenriffe.
Kalkgestein wird schnell durch Wasser verwittert, weil Carbonat sich sehr leicht in Wasser löst (siehe: Entstehung von Tropfstein). So entstehen vielfältige Geländeformen, die als Karst bezeichnet werden – den Prozess der Verwitterung nennt man Verkarstung. Dringt Wasser durch Klüfte in das Kalkgestein ein, löst es auch im Inneren den Kalk, Höhlen bilden sich. Durch die Verwitterung (Verkarstung) erweitern sich bestehende Risse und bilden sich neue. Wasser, das auf die Oberfläche des Kalksteins trifft, findet daher sofort einen Riss oder eine Kluft, in der es versickern kann, weshalb Karst oben sehr trocken ist. In den unterirdischen Gängen und Höhlen bilden sich dann Bäche und Flüsse (es ist einigermaßen überraschend, wenn man nichts ahnend über eine knochentrockene Felslandschaft wandert und plötzlich unter sich das Wasser rauschen hört … Zu sehen war nichts von dem unterirdischen Bach, die sichtbaren Spalten waren zu schmal.)
Nicht alle Kalksteine verkarsten gleich gut – weiche Kalksteine wie Mergel oder Kreide verkarsten nicht sehr tief, zu harte Steine wie Dolomit verkarsten nur sehr langsam. Zudem muss es genügend hohe Niederschläge geben. Auch in anderen Gesteinen findet Verkarstung statt, bspw. im Sandstein. Eine Karstlandschaft, die in Sandstein entstand, ist das Elbsandsteingebirge. Während Kalkstein im Inneren kaum wasserdurchlässig ist, sodass sich das Wasser an Klüfte halten oder sich diese erst schaffen muss, hat Sandstein eine hohe Porosität und wird daher auch von innen von Wasser angegriffen und das Bindemittel zwischen den Sandkörnern und schließlich auch die Sandkörner selbst aufgelöst werden. Sandstein verkarstet sehr viel langsamer als Kalkstein.
Zu den Formen, die das Wasser aus dem Kalkstein herausfräst, gehören Karren. Das sind Rillen oder Rinnen, die im Millimeter- bis Dezimeterbereich liegen, aber auch bis Meterbreite erreichen können. Diese Rinnen werden als Abflussrinnen in geneigtem Fels geformt und können unterschiedlich geformt sein, wonach sich dann auch unterschiedliche Bezeichnungen ergeben.
Dolinen sind trichter- oder schüsselförmige Senken in Karstgebieten. Echte Dolinen entstehen, wenn das Gestein an der Oberfläche gelöst und ausgespült wird (Lösungsdoline oder Trichterdoline). Mitunter ist am tiefsten Punkt das Schluckloch zu sehen. Hier entschwindet das Wasser in den Untergrund.
Wenn unterirdisch eine Höhle so weit vom Wasser ausgehöhlt wird, dass die Decke schließlich einstürzt und einen Einsturztrichter bildet (Einsturzdoline), handelt es sich streng genommen um einen Erdfall.
Wenn Wasser, das an der Oberfläche von Kalkstein versickert, irgendwo anders wieder an die Oberfläche tritt, bildet es dort eine Karstquelle. Karstquellen sind daher häufig das Ende eines Höhlensystems. Wie viel Wasser sie führen, kann sehr stark vom Niederschlag abhängen, manche fallen in niederschlagsarmen Zeiten ganz trocken. Bei Schneeschmelze dagegen steigt die Wassermenge stark an. Karstquellen können die Form eines Kessels oder Trichters haben (und werden dann auch als Quelltopf bezeichnet) oder einfach ein Loch in der Felswand darstellen (Abb. 6a).
© Wiebke Salzmann, Dezember 2013